Der Preis wird 2012 geteilt
Am 1.3. traf die Jury die Entscheidung: der Berndt Koberstein Preis für Zusammenleben und Solidarität, der 2012 zum ersten Mal und dann jährlich vergeben wird, wird dieses Mal geteilt.
Der mit 10.000 € dotierte Preis geht an das
Südbadisches Aktionsbündnis gegen Abschiebungen/SAGA insbesondere an das Projekt „Freiburger Forum gegen Ausgrenzung“ und an den Künstler
Richard Schindler für seine kunst- und ästhetik-pädagogischen Projekte. Die SAGA mit ihrem Projekt „Freiburger Forum gegen Ausgrenzung“ erhält 7.000 € und Richard Schindler 3.000 €.
Insgesamt hatten sich 16 Freiburger Personen, Organisationen und Initiativen aus den verschiedensten Bereichen der Gesellschaft um den Berndt Koberstein Preis 2012 beworben.
Die Jury würdigte die langjährige Arbeit des Südbadischen Aktionsbündnisses gegen Abschiebungen. „Jeder Mensch hat das Recht, Rechte zu haben.“ Unter diesem Motto setzt sich SAGA seit 1991 für die Rechte von MigrantInnen ein. Das Projekt richtet sich an alle MigrantInnen, unabhängig von deren Aufenthaltsstatus, also sowohl an Illegalisierte als auch Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus, die von Illegalisierung und Abschiebung betroffen sind. Wesentlicher Schwerpunkt der Arbeit ist die elementare rechtliche Beratung von MigrantInnen in Aufenthaltsfragen. Seit vielen Jahren finden wöchentlich offene, mehrstündige Beratungen im „Minirasthaus“ statt. Flüchtlinge bei solchen bürokratischen Aktivitäten zu unterstützen bedeutet auch ihre Anliegen in der Öffentlichkeit zu verstärken und auf vorhandene Missstände hinzuweisen.
Die Öffentlichkeitsarbeit wird als wichtige Ergänzung zu der bestehenden Beratungstätigkeit verstanden: In verschiedenen Publikationen und Veranstaltungen informiert SAGA über die Situation von MigrantInnen und über die zahlreichen Menschenrechtsverletzung der deutschen und europäischen Asylpolitik.
Die Arbeit von Saga richtet sich auch explizit gegen die rassistische Gesetzgebung, die unter anderem im Asylbewerberleistungsgesetz, dem „Lagerzwang“ und der so genannten „Residenzpflicht“ ihren Ausdruck findet und das menschenunwürdige Leben von vielen Flüchtlingen im aufgezwungenen Substandart prägt.
Die besondere Situation von geflüchteten Roma spielt nicht nur in der Arbeit von SAGA eine Rolle, sondern wird insbesondere auch vom „Freiburger Forum gegen Ausgrenzung“ in der Öffentlichkeit thematisiert. So richtet sich die Arbeit des Forums gegen die drohenden Abschiebungen der Roma und ruft mit dem „Freiburger Appell“ zu aktiver Solidarität mit den Betroffenen auf. Mit der Vergabe des Berndt-Koberstein-Preises an das Südbadische Aktionsbündnis gegen Abschiebung soll somit ein Zeichen der Solidarität sein.
Mit der Auszeichnung des Künstlers Richard Schindler wollte die Jury auf die gesellschaftliche Dimension von Kunst und Kultur aufmerksam machen. Kunst ist Arbeit am sozialen Raum, ist der Versuch, bildnerische Kompetenzen zu entwickeln und den Raum, die Gesellschaft, in der wir leben, in seiner ästhetischen Qualität zu erkennen und wenn nötig, zu verändern.
Es geht darum, Menschen in die Lage zu versetzen, mit den Mitteln künstlerischer Erkenntnisprozesse ihre Umwelt zu einem lebenswerten Platz zu gestalten. Der Künstler wird zum Begleiter in Entwicklungsprozessen, zum Ausbilder für Mitarbeiter in sozialen Einrichtungen und Unternehmen oder zum Kommentator und Begleiter gesellschaftlicher Prozesse.
Richard Schindler fragt gesellschaftliche Entwicklungen auf ihre ästhetische Qualität ab. In seiner Arbeit „Landschaft verstehen“ untersucht er die Bedeutung von Windrädern im Landschaftbild der Region und leistet damit einen hervorragenden Beitrag zur Akzeptanz einer Technologie, die naturverträglich und zukunftsweisend ist.
Das Verstehen der Welt durch Anschauung, die Kompetenz diese Welt durch künstlerische Eingriffe sinnvoll zu verändern, diese Fähigkeit zu entwickeln, ist Anliegen Richard Schindlers.
In vielen Projekten im öffentlichen Raum, beispielhaft in Schulen und pädagogischen Einrichtungen in der Region, aber auch in Vorträgen und Veröffentlichungen arbeitet er konmsequent an der Verwirklichung seines Konzeptes von der Gesellschaft als hochwertigem Lebensraum. Die Grundlage solidarischen Handelns, so die Jury, ist die Erkenntnis der Zusammenhänge zwischen Mensch-Gesellschaft-Natur. Der Mensch sucht seinen Platz und gestaltet ihn.
Der Berndt Koberstein Preis für Zusammenleben und Solidarität 2012 soll am Mittwoch, den 2. Mai 2012, 19.00 Uhr in den Räumen der Schneider Akademie im Weinschlösschen übergeben werden.
Mit freundlichen Grüßen
Hendrijk Guzzoni